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Martin…oder: Die andere Hälfte vom Mantel

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Allerorts ziehen in diesen Tagen die Martinszüge durch die Straßen.
Das veranlasst mich doch heute, am Gedenktag dieses Heiligen, ein paar Gedanken hier niederzuschreiben.
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Mit Bernd und seinem kleinen Sohn Carl war ich am Wochenende beim Martinszug. Nach der Runde durch den Stadtteil endete der Umzug an der Kirche, wo ein großes Martinsfeuer loderte. Und wie in jedem Jahr ritt der stolze Martin auf seinem prächigen Schimmel umher, um – quasi als hübsch anzuschauendes Brauchtums-Gimmick – dann doch noch seinen purpurnen Mantel zu teilen. Teilen? Nix da – denn unser Martin machte es sich ganz einfach: Da wurde nichts geteilt, der Mantel blieb ganz. Nur das Schwert glitzerte imposant im Schein der Flammen, als der Reiter – schwuppdiwupp – ein weiteres Mantelteil unter seinem unversehrten Umhang hervorzauberte und es dem Bettler überreichte. Ein „Zweitmantel“ zum Verschenken sozusagen…

Was ist denn das für ein Sankt Martin? Nicht geteilt, sondern vom Überfluss ein kleines Stückchen abgegeben?

Diese Szene hat mich nachdenklich gemacht. Ist es das, was wir heute unter „teilen“ verstehen? Was soll der ganze Spuk mit Laternen, Liedern und Martinsfeuern – wenn es nicht mehr ums Teilen geht, sondern darum, ein kleines Stück vom Überfluss abzugeben?

Wie mag das wohl damals gewesen sein, als der stolze römische Soldat seinen Mantel zerschnitt?
Da war der Glanz, das perfekte Outfit, das Statussymbol erst einmal dahin. Auch Martin war wohl gezeichnet vom Teilen – ein halber, zerrissener und aufgeschlitzer Mantel macht doch nichts mehr her! Ob er wohl auch ein wenig gefroren hat? Oder belächelt wurde ob seiner ruinierten Kleidung?
Was mögen seine Soldatenfreunde gesagt haben? „Wie siehst du denn aus?“ – „Wie läufst du denn herum?“

Geteilt ist erst geteilt, wenn der, der etwas abgibt auch wirklich etwas von sich verschenkt. So, dass man auch sieht und spürt und merkt: Ich habe geteilt.

Versteht mich nicht falsch: Es geht mir nicht darum, mit Wohltätigkeit zu prahlen.
Aber ist unser Teilen heute nicht halbherzig geworden? Ist es allzu „wohldosiert“? Gebe ich nur, wenn ich mir sicher sein kann, auch nachher noch „satt und genug“ zu haben? Teilen als soziales „Wohlfühlerlebnis“ für Schenkende und Beschenkte?

Das kann’s doch irgendwie nicht sein, oder?

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